Mit Erfindergeist zur Klimaneutralität
Die Menschheit steht vor der Aufgabe, sich aus der Abhängigkeit von fossilen Energien zu lösen und den Ausstoß von klimarelevanten Treibhausgasen drastisch zu reduzieren.

Der Schlüssel dafür ist neben einer umweltfreundlichen Stromerzeugung die Entwicklung und Erprobung neuer Produktionsverfahren mit dem Ziel der CO2-Vermeidung. Die Deutsche Ziegelindustrie hat einen Teil ihrer „Hausaufgaben“ bereits gemacht und arbeitet konsequent an der Optimierung sämtlicher Prozesse – von der Rohstoffgewinnung über den Brennprozess bis zur Produktentwicklung und das Recycling. Durch verfahrenstechnische Optimierungen wurden laut Ökobilanz-Broschüre des BVZi die spezifischen CO2-Emissionen pro gebranntem Ziegel von Mitte der 70er bis Ende der 80er Jahre um 75 Prozent reduziert. Diese Entwicklung wurde konsequent fortgesetzt, sodass von 1990 bis 2020 die Gesamtemissionen der deutschen Ziegelindustrie von 2,9 Mio. t CO2/a (per annum/pro Jahr) auf 1,74 Mio. t CO2/a reduziert wurden. Das liegt unter anderem an der Umstellung des Brennstoffmixes von Kohle auf Erdgas. Mit ihrer Roadmap für eine treibhausgasneutrale Ziegelindustrie in Deutschland hat die Ziegelindustrie einen Weg zur Klimaneutralität der Branche bis 2050 aufgezeigt.
Stellschraube Ziegelproduktion
Die Innovations- und Forschungsprojekte der Ziegelindustrie sind vielfältig. Ein wichtiger Baustein ist der zukünftige Einsatz von grünem Wasserstoff für die Ziegelproduktion. Bei diesem Brennverfahren wird nur Wasserdampf freigesetzt statt wie bei traditionellen Verfahren CO2. Manche Hersteller erproben zudem die Entkopplung des Ofen-Trockner-Verbunds, das heißt die Integration von Wärmepumpen bei der Trocknung, die eine Verringerung der CO2-Emissionen zwischen 20 und 70 Prozent ermöglichen. Weitere Forschungsprojekte drehen sich um Tunnelöfen, welche die thermische Effizienz im Brennvorgang um zehn Prozent erhöhen.
Stellschraube Wärmedämmung
Ressourcenschonung ist vor allem dann von großer Bedeutung, wenn es um die Energieeffizienz im gesamten Lebenszyklus von Gebäuden geht. Der Ziegel ist Tausende von Jahren alt und wurde doch immer wieder neu erfunden. Um die Wärmedämmung zu verbessern, entwickelte man neben dem Vollziegel eine einfache, aber effektive Ziegelvariante: den Lochziegel, bei dem schlitzförmige Löcher den Wärmedurchgang erschweren. Die ersten Lochziegel kamen 1970 auf den Markt: Man mischt dem Ton weitere, brennbare Stoffe bei, die im Ziegelofen verbrennen und Löcher im Stein hinterlassen. Das berühmteste Patent in dem Zusammenhang wurde von Sven Fernhof 1958 angemeldet, der kleinste Styroporkügelchen verwendete für „die Herstellung poröser keramischer Erzeugnisse“. Auf dieses Patent bezogen sich zahlreiche folgende Innovationen und Verbesserungen. Die Porosierung diente einerseits der Gewichtsreduktion, andererseits der besseren Wärmedämmung. Der Wärmeleitweg konnte im Laufe der Jahre über versetzte Loch- und Steg-Anordnung weiter erhöht werden, während zugleich eine hohe Tragkraft erhalten blieb.
Wände aus verfüllten Ziegeln – mit Perlit (natürlichem Vulkangestein) oder Mineralwolle – erreichen ohne zusätzliche Außendämmung die besten Dämmeigenschaften und sind sogar für energieautarke Häuser geeignet.
Stellschraube Recycling
Schon heute lassen sich mineralische Bauabfälle zu einem großen Teil wiederverwenden, zum Beispiel im Straßenbau. In Zukunft geht es darum, einen großen Schritt weiterzugehen, indem man Ziegelsteinen als Baumaterial ein zweites Leben schenkt. Ein Trennverfahren für verfüllte Ziegel macht es möglich, Füllmaterial wie Perlit oder Steinwolle vom Ziegel zu trennen und das reine Ziegelmaterial wiederzuverwenden. Aus Reststoffen können künftig CO2-neutral neue Mauersteine entstehen. Daneben gibt es eine ganze Reihe von Forschungs- und Innovationsprodukten zur Wiederverwendung mineralischer Baustoffe, mit dem Ziel, die Einsatzmöglichkeiten deutlich zu erweitern.