Recycling

Recycling in der Ziegelforschung

Das Institut für Ziegelforschung Essen e.V.  (IZF) beschäftigt sich in Forschung und Beratung mit Verfahrenstechnik, Bauphysik und Produkteigenschaften des Ziegels. Eine immer größere Rolle spielt das Thema Recycling: vom Einsatz von Ziegelbruch bis zur Nutzung alternativer Rohstoffe im Ziegelkreislauf. Dipl-Ing. Sandra Petereit und Dipl.-Ing. Eckhard Rimpel vom IZF berichten im Interview von Herausforderungen und Chancen.

Dipl-Ing. Sandra Petereit und Dipl.-Ing. Eckhard Rimpel forschen am IZF unter anderem am Ziel geschlossener Produktkreisläufe.

Welche Rolle spielt Recycling in der Ziegelindustrie?

Eckhard Rimpel (ER): Hier gibt es zwei Ebenen: Einmal die Frage, wie Ziegel recycelt werden können, aber auch: Welche Abfälle aus anderen Industrien können wir in der Produktion verwenden? 

Fangen wir doch damit an, wie Ziegel recycelt werden können.

SP: Ziegelmaterialien haben ihre Wiederverwendung zu großen Teilen in ihrem ursprünglichen Einsatzbereich. Sie können wieder zerkleinert und sortenrein erneut der Produktion zugesetzt werden. Gemischtes Abbruchmaterial wird beim Straßenbau eingesetzt. Auch die Verwendung von historischen Ziegeln ist beim nachhaltigen Bauen beliebt – nicht nur um ästhetisch einen Retro- oder urbanen Look zu erzeugen, sondern auch aus Umweltgründen: Überall dort, wo neue Ziegel nicht passen, können alte Steine in Form gebracht und eingesetzt werden. 

ER: Beim Backstein geht ein 1:1 Re-Use der einzelnen Steine problemlos. Der Hintermauerziegel ist schwächer gebrannt als Klinker, beim Abriss gehen die Steine mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit kaputt. Das Abbruchmaterial ist aufgrund seiner Eigenschaften dennoch enorm wertvoll und fern davon, Abfall zu werden.

Die naheliegendste Option für Hintermauerziegel – und die, die auch aktuell schon in allen Ziegelwerken angewendet wird – ist die Verwendung in neuen Ziegeln zum Einsparen von Originalrohstoff. Sortenreiner Ziegelbruch kann im Ziegelwerk aufgemahlen werden. Wie viel Prozent des Tons ersetzt werden kann, hängt vom Rohstoff ab: Zum Beispiel kann fetter, matschiger Ton durch Ziegelmehl abgemagert werden. Irgendwann ist aber Schluss, der Ton muss auch noch zusammenhalten. 

Porosierter Ziegel kann viel Wasser aufnehmen und dieses lange speichern. Außerdem bieten die vielen kleinen Poren den Wurzeln eine große Oberfläche, um Mineralstoffe aufzunehmen. Moderne Ziegel bilden so einen idealen Nährboden für Pflanzen.

Was sind die Herausforderungen?

SP: Letztendlich ist die Nutzung von Abfällen – insbesondere aus anderen Branchen – immer mit Regularien verbunden. Das ist auch wichtig: Die Endprodukte müssen immer bestimmte technische und umweltrechtliche Eigenschaften erfüllen. Zum Beispiel müssen Ziegel eine bestimmte Druckfestigkeit haben, um über eine entsprechende Stabilität zu verfügen. Oder es wird getestet, dass keine schädlichen Stoffe während der Herstellung emittiert werden oder aus den Produkten durch Regen ausgewaschen werden. Die Güteüberwachung von Recyclingstoffen ist streng und geschieht über eigene und externe Kontrollen.

ER: Das Thema Sortenreinheit ist wahrscheinlich die größte Herausforderung. Es gibt im Abbruch enorm viel Störmaterial: Mörtel, Fliesen, Kiesel, Beton. Gleichzeitig gibt es hier aus der Forschung heraus auch viele Chancen: Bisher konnte Ziegel nur negativ getrennt werden. Das heißt: Gips, Kalksandstein, Beton konnte man erkennen, Stücke, die dieser Spezies nicht entsprachen, mussten also Ziegelstücke sein. Ein aktuell laufendes Forschungsvorhaben erprobt den Einsatz neuer Kameratechniken, die Ziegel positiv erkennen können. Ziel ist es, über eine Materialprobe sagen zu können, dass es sich um diesen oder jenen Ziegel handelt, damit die Arten dann entsprechend ihrer Eignung eingesetzt werden können. Für die Verwendung als Vegetationssubstrat eignen sich zum Beispiel eher die weicheren Ziegel mit hoher Wasseraufnahme. Für den Straßenbau eher die härteren. So kann insgesamt mehr Material wiederverwendet werden und man nähert sich einem geschlossenen Kreislauf an. Schon jetzt wird im Labor eine Erkennungsrate zwischen 90 und 95 Prozent erreicht.

Bei Abbrüchen wie dem des alten Institutsgebäude des IZF kommen viele verschiedene Materialien zusammen: Treppenfliesen, Mörtel, Ziegel, Kacheln aus den Laborräumen, Dachziegel, Armierungseisen. Ein Baustoffgemisch wie dieses ist typisch für Baustellen.

Was ist in Zukunft denkbar?

ER: Vieles! Ein sehr interessanter Bereich ist aus meiner Sicht die Nutzung alternativer Quellen für Ton. Schluff, der in verschiedenen Flusssedimenten vorkommt, ist quasi junger Ton, der den Ziegeln beigemischt werden kann. Davon fallen immer wieder größere Mengen an: zum Beispiel Hafenschlamm aus Hamburg oder Hafenschlick aus Venedig. Ein anderes Abfallprodukt, das beim Haldenabbau anfällt, sind Gesteinsmehle. Diese Minerale könnten als verfestigendes Mittel genutzt werden. Die Eigenschaften müssen noch getestet werden – zumindest die Brennfarbe wird zum Beispiel durch die Basaltbeigabe verändert. 

Häufig steht der Kreislaufwirtschaft die Genehmigungspraxis im Wege. Papier darf zum Beispiel im Material eingesetzt werden, aber nicht als Brennstoff. Denn damit würde das verbrennende Werk als Müllverbrennungsanlage gelten. Das bedeutet: Es ist aus Genehmigungssicht ein Unterschied, ob das vorrangige Ziel ist, Papierfangstoff dem Ton beizumischen, um ihn als Porosierungsmittel zu verwenden, oder, ob das Hauptziel Energiegewinnung ist und damit das Mitverbrennen von Abfall.