Mit Matsch und Muskelkraft
„Aus der Region für die Region“ schreiben sich zwar viele Unternehmen auf die Fahne, doch selten wird es mit so viel Leben gefüllt wie hier. Der Aktionsradius liegt im Umkreis von maximal 75 Kilometern, in dem Stefan Englert seine Ziegel ausliefert. Doch sein Engagement geht weit darüber hinaus. Ausdruck seiner Verbundenheit zur Region ist es auch, dass er auch den Nachwuchs im Blick hat und aktiv auf diesen zugeht. Mit Führungen, die ganz auf das Interesse der Jüngsten ausgerichtet sind.

Die Begeisterung steht ihnen sprichwörtlich ins Gesicht geschrieben: Konzentriert sind die Grundschulkinder bei der Sache, als ihnen Stefan Englert die Sache mit dem Handschlag erklärt – nicht die Begrüßung, sondern das Handwerk. Denn das ist die erste Stufe auf dem Weg zum eigenen Ziegel. Natürlich darf das bei keinem Besuch im Ziegelwerk fehlen: selbst Hand an zu legen. Den Blick für den Nachwuchs aus der Region, das ist eine Herzensangelegenheit für Englert und das Ziegelunternehmen Englert. „Die Führungen für Kinder machen wir auf Anfrage der örtlichen Grundschule oder der Ferienfreizeit. Meistens sind es Kinder der dritten oder vierten Klasse. Die wollen meistens mehr wissen als die Architekturstudenten!” Je nachdem wie viele Fragen die Kinder zum Produkt oder zur Arbeit haben, dauert eine solche Führung auch mal länger als die eingeplante Stunde.

Von Ziegelstaub und Handschlagziegeln
Neugelerntes bleibt am besten im Gedächtnis, wenn alle Sinne beteiligt sind. Am Ende jeder Führung steht deswegen das Herstellen eigener kleiner Ziegel. Die Kinder haben Gelegenheit, das Material kennenzulernen und damit zu experimentieren. Sie stellen eigene Handschlagziegel her, wie sie vor der maschinellen Fertigung geläufig waren. Dazu werden nur drei Dinge gebraucht: eine Form, guter Ton und Muskelkraft. Stefan Englert hat dazu kleine Holzrahmen angefertigt und auch den Ton bereitet er extra vor. Das Material ist etwas feuchter als der maschinell verarbeitete Ton, damit er leichter zu kneten ist und nicht ganz so viel Kraft benötigt wird, ihn in die Form zu schlagen.
Matschen mit Ton, mit eigener Muskelkraft etwas Herstellen, und dann auch noch herausfinden, was es mit dem Zauber des Ziegelstaubs auf sich hat – darum drehen sich solche Veranstaltungen. Dieser handwerkliche Teil der Exkursion ins Ziegelwerk dauert etwa drei bis vier Stunden: Zunächst erklärt Englert das Verfahren des Handschlags. Dann muss die Form genässt und mit Ziegelstaub – Sand oder Ziegelbruch – eingerieben werden, damit der Ziegel später wieder leicht aus der Form rausgeht.
Individuelle Ziegel
Dann kann der Tonbatzen in die Form „geschlagen“ werden, wird glattgestrichen und entformt. Teilweise ist ein zweiter Versuch nötig. Dann werden die Ziegel, wie früher, zunächst luftgetrocknet und laufen gemeinsamen mit den großen Ziegeln durch den Ofen. Das Brennen dauert etwas 22 Stunden. So lange warten die Kinder natürlich nicht: Sie haben ihre Werke vorher verziert und markiert. Wenn die Ziegel fertig sind, erhalten sie ihre persönliche Ziegellieferung.
„Die Kinder sind begeistert – das bleibt im Gedächtnis! Wir machen diese Workshops schon relativ lange”, sagt Stefan Englert. “Immer mal wieder treffe ich Erwachsene, die mich darauf ansprechen, dass sie in der Schule unsere Werksführung mitgemacht haben.”


Wer weiß, ob nicht der ein oder andere Grundschüler in ein paar Jahren darüber nachdenkt, statt „etwas mit Medien“ etwas mit Ziegeln zu machen. Wenn schon so früh die Begeisterung geweckt wird.
Den Tag im Ziegelwerk kann man beim Unternehmen Englert übrigens idyllisch ausklingen lassen: Denn was begeistert Kinder mindestens ebenso wie selbst etwas auszuprobieren? Klar, Tiere. In direkter Nachbarschaft zum Ziegelwerk, auf einem Teilstück der ehemaligen Tongrube, hat Stefan Englerts Vater vor einigen Jahren ein Dammwild-Gehege angelegt.